„Wir sind schon gut genug!“ (Dietmar Dath) Und was wäre dann mit einer
herrschenden Kapitalismuskritik? Wird sie endlich verstummen? Weil sie
sich nur wieder darauf beschränkt, zu sagen, dass wir nur bessere
Menschen werden müssten? „Erst kommt das Fressen, dann kommt die
Moral!“. Also weg mit ihr! Diese leichtfertige Rede vom Ende des
Kapitalismus! Wie wäre es mit dem Ende der Moral! Ja gut, wir können bei
überzogenen Managergehältern stehen bleiben! Aber was wäre denn, wenn
wir schon gut genug wären? Dann würde die Kritik am Kapitalismus vor uns
stehen und sie hätte nichts mehr zu sagen, das wir abnicken könnten.
Wir sind schon gut genug! Sie, Lucien! Ich! Wir alle sind gut genug, das
ist nicht das Problem gerade, dass einige nicht so gute Menschen wären
wie andere. Aber Sie! Mit Ihrer Selbstgewissheit über den eigenen Platz
in diesem Leben, die jede Theorie nur wie ein modisches Accessoire neben
sich duldet. Aber sonst verlässt man sich auf die Säulen einer
christlich-jüdisch geprägten abendländischen Gesellschaftsordnung, die
sich mit der protestantischen Ethik zum Leitbild moderner Lebensführung
durchgesetzt hat. Dieses Missverständnis über unsere Geschichtlichkeit!
Wir sind nicht deshalb historische Wesen, weil wir jeden Dreck unserer
Vorfahren wiederholen. Darin sind wir eher ungeschichtlich. Die Idee
eines starren überhistorischen harten Kerns, der ist nämlich
ahistorisch, Lucien! Ich fühle mich so proletarisch mit dir hier im
Bett... Aber dieser leichtfertige Umgang mit dem Bankrott des
Kapitalismus. Das muss aufhörn! Sex und die Suche nach der Wahrheit sind
unnötigerweise verbunden. Wir beide liegen hier und was soll das für
eine Wahrheit sein? Der Sex ist kein Tabu in den Gesellschaften, das ist
das Missverständnis, stattdessen haben sie unaufhörlich über nichts
anderes geredet als Sex. Das Elend der Sexualität besteht nicht in der
Repression. Marx hat auch nicht den Kapitalismus als Repression erklärt,
als abgekarteten Diebstahl. Der Zweck des Kapitalismus ist es nicht,
den Arbeiter auszubeuten. Oder dass dieser Zweck vertuscht wird, das ist
nicht das Problem. Sein eigenes ungeheucheltes Erstaunen darüber, dass
man zum Sklavenhalter wird. Das ist ein Thema! Und nicht Gut und Böse.
So wie die grundlegenden Gesetze des Kapitalismus aussehen, müssen sie
einfach Elend produzieren. Marx hat sich der Analyse der Produktion
gewidmet. So konnte er der Empörung entkommen.
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