Keine politische Figur des 20. Jahrhunderts wird in der Ukraine und in den Nachbarländern derart kontrovers beurteilt wie Bandera (1909-1959). Für die einen war er ein Faschist und Kollaborateur mit den Nazis, für die anderen der Kämpfer für die ukrainische Unabhängigkeit und der Freiheitsheld schlechthin. Schon seit sowjetischer Zeit traten die eigentlich eher bescheidene Biographie von Bandera und sein Nachleben weit auseinander; beide haben oft kaum noch etwas miteinander zu tun. Deshalb stellt sich die Frage, welchen Bandera diejenigen eigentlich meinen, die heute in der westlichen Ukraine für ihn Denkmäler errichten.
Diese Diskussionsveranstaltung soll Aufklärung vermitteln, d. h. Licht in die Geschichte und Geschichtspolitik um einen Mann bringen, dessen Leben erst nach seinem Tod richtig begonnen hat. Er wurde durch den sowjetischen Geheimdienst 1959 in München ermordet. Die kontroverse Erinnerungspolitik um Bandera hat seinen gemäßigten Rivalen in der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) Andrij Melnyk völlig aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt.
Tatsächlich geht es im Diskurs um Bandera nicht nur um seine Person, sondern um den ukrainischen radikalen Nationalismus der 1930er und 1940er Jahre generell, die damals entstandene Ukrainische Aufstandsarmee (UPA), die gegen Polen, die deutsche und die sowjetische Besatzung kämpfte und erst Anfang der 1950er Jahre von den Truppen des NKWD vernichtet wurde. Wegen der antipolnischen Pogrome stellt die UPA bis heute eine Belastung der ukrainisch-polnischen Beziehungen dar.
Waren Bandera und die UPA Mittäter bei antisemitischen Pogromen in der Ukraine? Diese früher tabuisierte Frage wird inzwischen auch in der Ukraine erforscht. Nur die geschichtliche Einordnung und schonungslose Aufarbeitung der Quellen werden zu einer End-Emotionalisierung und Versachlichung der Diskussion um Bandera führen.
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