EIN INTERNATIONALER PERFORMANCE-ZIRKUS FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT
Der französische Regisseur und Bühnenbildner Philippe Quesne baut
eine Manege. In diesem Setting setzen sich 14 international renommierte
Künstlerinnen und Künstler und Kollektive aus den Bereichen Choreografie
und Performance mit einem vor allem im deutschsprachigen Raum
marginalisierten Genre auseinander: dem Zirkus. Meg Stuart entwickelt
mit dem Modedesigner Jean-Paul Lespagnard ein Überlebenstraining für die
Zukunft. Vincent Riebeek und Florentina Holzinger kommentieren ihre
gemeinsame Arbeitsbiografie als Trapezakt, Valérie Castan and Antonia
Baehr übertragen zwei Nummern an den jüngsten Sproß ihrer neuen
Artistinnenfamilie. Eisa Jocson untersucht das Wechselverhältnis von
Exotik und Erotik im Spektakel, das Performance-Duo Hendrik Quast und
Maika Knoblich folgt dem Verhältnis von Mensch und Tier im Akt der
Dressur, und das japanische Kollektiv contact Gonzo spielt mit dem
körperlichem Risiko, das im Verhältnis von Mensch und Maschine steckt.
Der Choreograf und Tänzer Jeremy Wade rettet zusammen mit Karol Tymiński
die Welt in einem Clownsentrée. Über allem thront das neo-dadaistische
2-Mensch-Ding-Orchester Les Trucs als Zirkusband.
„The Greatest Show on Earth“ beschäftigt sich mit der Tradition des Zirkus, um über den Stellenwert von Performance in unserer Zeit nachdenken zu können. Hier ging es nie um die Opposition der Kunst zur Gesellschaft, sondern um die Affirmation der vollständigen Ökonomisierung des Selbst, um die Ausstellung von Exotismen und um die Befriedigung der Schaulust. Vorbild ist der Zirkus auf der Höhe seines ökonomischen Erfolgs im 19. Jahrhundert – nicht sein sanfter Nachfolger in der Art des Nouveau Cirque. Statt Kontemplation und Empfindsamkeit präsentiert der Zirkus „alter“ Prägung das Disparate, Laute und eine Nummerndramaturgie, die mit Kontrasten und Brüchen arbeitet; er stellt Freaks und Fremde aus, und bietet ihnen gleichzeitig einen geschützten Raum; er amüsiert, reizt, erzieht und verblüfft.
Die Vereinnahmung performativer Prozesse durch neoliberale Ökonomien gefährdet das kritische Potenzial der Live-Performance. „The Greatest Show on Earth“ reflektiert diese Krise und befragt das zeitgenössische Theater – das sich den Schauwert der Bühne und ihre Funktion als Affektmaschine nur selten eingesteht und nicht-normative Körper weiterhin exotisiert – gleichzeitig auf seine formalen und ästhetischen Ausschlüsse. In dieser Hinsicht ist dieser Abend eine Herausforderung für KünstlerInnen, KuratorInnen und ZuschauerInnen. Es geht um die Institution des Theaters selbst.
Mitwirkende:
Meg Stuart mit Vânia Rovisco und Márcio
Kerber Canabarro
Philippe Quesne, Antonia Baehr & Valerie Castan,
Jeremy Wade
contact Gonzo, Florentina Holzinger & Vincent Riebeek
Eisa Jocson, Maika Knoblich & Hendrik Quast, Les Trucs u. a.
Tickets:
ab 25,00€
Weitere Informationen unter:
www.muenchner-kammerspiele.de