Der "Kölner Abend" ist eine zyklisch wiederkehrende Unterhaltungsveranstaltung für wirtschaftsgeflüchtete Mitbürger aus dem strukturschwachen Nordwesten dieser Republik, um deren heimatliches Kulturgut auch im Exil kultivieren zu dürfen. Anders als sonst fand diese Weihnachtsveranstaltung nicht nur in einer anderen Location statt, die man sonst aus Ü-40- und Rockparties kennt, sondern auch mit einer Liveband "Rabaue", die in der dortigen Region durchaus bekannt und beliebt ist. Sie waren auch im Rahmen ihrer Fähigkeiten redlich bemüht, für die Laune ihres Publikums Verständnis zu zeigen - bei manchen Liedern gelang es ihnen, das Publikum zu schunkelähnlichen Bewegungsabläufen zu motivieren, welche der Erhaltung der Grobmotorik förderlich sind. In der Kölschen fünften Jahreszeit wurden ja manche bekannten Weisen mit neuem Text zu Karnevalssongs umgestrickt, wie etwa zu der Melodie von Karel Gotts Babicka - dieses Sakrileg hat man aber schon zu seinen Lebzeiten begangen. Dass die Band auch Songs ihres historischen Zeitzeugen Roland Kaiser zum Besten gab, ist ja an sich löblich - allerdings sollte man diese Lieder doch bitte vollständig spielen und nicht als mit Kölsch durchgespültes Medley. Ach ja, das Reissdorf-Kölsch gab es auch nicht wie sonst aus Reaglenzgläschen vom Faß bzw. in einer runden Palette angeordnet, sondern dafür in handlichen Babyfläschchen. Gegen Ende wies die Band auch darauf hin, dass sie wie jedes Jahr auch im April in Hintertux spielen wird - das ist da, wo im benachbarten Ötziland die Welt zu Ende ist und man beim Aprèsskifahren üblicherweise über Gletscherleichen stolpert. Als Zugabe gab es Lieder von Kölle am Ring - hier merkte man den Stolz dieser Stadt an, dass es dort, anders als in unserer Schildbürgerstadt München, schon vor Jahrzehnten gelungen ist, den Autobahnring rund um die Stadt auch vollständig zu Ende zu bauen. Nach einer kurzen Umbaupause durfte dann der erfahrene Alleinunterhalter DJ Kralle ran und die verbliebenen BesucherInnen, die am nächsten Morgen nicht mehr arbeiten mussten, bespaßen. Das naheliegende Wortspiel "Früh-Rentner" verkneife ich mir jetzt, es wurde ja, wie schon erwähnt, das Konkurrenzprodukt Reissdorf Kösch ausgeschenkt. Kölle Alaaf!

Der Kölner Abend ist immer noch derselbe wie früher, als dieselbe Location noch Max&Moritz hieß (wobei es zwischenzeitlich wohl noch einen anderen Namen gab), die Einrichtung wurde wohl etwas neu gestaltet und präsentiert sich weitgehend in Schwarz. Im unteren Raum war schon recht gut gefüllt und entsprechend die Stimmung. Auch wenn am Eingang Security stand, machten sie wohl nicht von ihrer Gorillagewalt Gebrauch und ließen Leute recht unterschiedlicher Altersstufen, Outfits und Prominentheitsgrad rein - untypisch für München, aber hier handelt es sich ja auch überwiegend um eine Community mit NRW-Migrationshintergrund, und das ist auch gut so. Kölsches Liedgut der Unterhaltungsmusik ist doch immer noch Klassen niveauvoller als Oktoberfest.