Jüdisches Museum der Stadt Frankfurt am Main

Erfahrungsberichte zu diesem Veranstalter

AltDummHaesslich

Geschrieben von AltDummHaesslich

am Do. 15.11.12 12:42

Galerien & Ausstellungen in Frankfurt am Main

Erinnerung – Bild – Wort
Mi. 14.11.12 10:00

Arnold Daghani und Charlotte Salomon

Können Kunstwerke, die während des Faschismus entstanden sind bzw.durch ihn existentiell geprägt wurden, Kunst sein, ohne daß wir ein 'schlechtes Gewissen' haben, wenn wir sie schlecht finden ? Kann Kunst aus dieser Zeit einfach nur als Kunst DA sein und KUNST sein ? Das waren die beiden Fragen, die ich für mich in dieser Ausstellung klären wollte. Und - es geht. Vor allem bei Arnold Daghani, der - natürlich und zu Recht ! - bis zu seinem Lebensende immer wieder seine Erinnerungen malen musste. Zu sehen eindringlich bei "Sonntagmorgen", Tusche, 1972. Ein Selbstportrait in seinem Atelier. Sitzend von hinten. Um ihn herum schweben die Gesichter von Mitgefangenen.Hier gibt es ganz wunderbare, künstlerisch wertvolle Bilder, die auch ohne den Kontext des Faschismus voller Ausdruck und Botschaft sind. Vielleicht andere Botschaften, als die, die ihn genötigt haben, diese Bilder zu malen. Aber gerade das macht die Kunst aus. Sie soll UNSEREN Geist bereichern. Und das kann sie nur, wenn wir denken bei den Bildern, die wir sehen. Besonders zu empfehlen: "Erfrorene Füße", Tusche, 26.Juni 1953. Eine wunderbare, sehr emotionale Zeichnung, die uns an viele persönliche Geschichten erinnern kann. Wohin haben unsere Füße uns schon getragen ?! Und man muß nicht (unbedingt) lesen, daß der Untertitel lautet "(ein triftiger Grund, warum man einen Genickschuss erhalten muß)". Oder "Ecke in der Altstadt von Vence", Öl auf Leinwand, 60er Jahre. Einfach ein schönes Ortsdetail. Und tatsächlich ohne jeden Bezug zum Faschismus. Oder "Trostlose Landschaft" 1942/43 - mit Tusche nachgezeichnet 1974. Eine schwarz-weiße Baumlandschaft im Spätherbst in abstrakter und reduktionistischer Malerei. Eine Landschaft, wie sie uns schon oft begegnet ist. Wenn eben mit anderen Gedanken. Wie sagt Daghani: "Sehr oft wurde für die Massenerschiessungen eine Stelle am Waldrand ausgesucht. -- Charlotte Salomon hat mich mit ihrer künsterlischen Idee beeindruckt - nicht jedoch mit ihrer Malerei. "Ich habe genug von diesem Leben. Ich habe genug von dieser Zeit." Ein Tagebuch mit 1.800 Gouachen in weniger als drei Jahren. Das ist beeindruckend, ja vermutlich gar revolutionär. die Nan Goldin des Faschismus ? Die Erfinderin von Facebook ? Vier Sterne. Einer Abzug, weil die Präsentationen im Jüdischen Museum immer so unendlich voll mit Texten sind. Das geht doch auch anders ! Und danach: auf jeden Fall etwas essen im Café ! Absolut super-duper-ober-lecker !