Bei lebendigem Leibe wurde 1431 die neunzehnjährige Jeanne d’Arc
auf dem Scheiterhaufen verbrannt, die in nur zwei Jahren von einer
Bauerntochter aus der Provinz zur Ikone und Leitfigur und schließlich
zum Opfer politischer Machtspiele geworden war. Mikaël Serre begibt sich
mit Schillers »romantischer Tragödie« auf die Suche nach den
Schutzheiligen von heute.
Von religiösen Visionen geleitet hatte sich Jeanne d’Arc in den endlosen
Krieg zwischen Frankreich, Burgund und England eingemischt, ihr
Sendungsbewusstsein und die sich einstellenden Siege für Frankreich
schienen ihr Recht zu geben. Auf ihrem göttlichen Feldzug war sie
gnadenlos. Doch mit den Niederlagen kam ihr Fall: Sie war zum Symbol
geworden, das gebrochen werden musste. Dieselbe Kirche, die ihr Leben
auslöschte, erklärte sie nachträglich zur Märtyrerin und Heiligen. Als
Friedrich Schiller um 1800 Die Jungfrau von Orleans schrieb, inszenierte
er Johanna als reine Gestalt im Konflikt zwischen Wahrheitsideologie
und Gefühl und Spielball männlicher politischer Intrigen. Bis heute
spiegeln sich in der Geschichte der jungen Frau aus Lothringen aktuelle
Konflikte wie in kaum einem anderen Stoff. Während sich Marine Le Pen
als moderne Jeanne d’Arc fortgeschrittenen Alters in Stellung bringt,
folgen junge islamistische Krieger göttlichen Eingebungen und
attackieren mit der Redaktion von Charlie Hebdo das Herz des westlichen
Freiheitsbegriffs. Der in Paris lebende Regisseur Mikaël Serre nimmt
Schillers Tragödie als Ausgangspunkt für ein Projekt über Nation,
religiösen Fanatismus und den Mythos von Jeanne d’Arc, die über die
Jahrhunderte hinweg zur Patronin der Revolutionäre und Weltveränderer
wie der Reaktionäre und Nationalisten werden konnte. 1431 starb ein
Mensch in Rouen, noch keine 20 Jahre alt, auf brutale Weise in den
Flammen der Ideologien. Ihr Schicksal ist bis heute Provokation.
Einführung: 19:00 Uhr
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ab 10,00 €
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