Theater in Berlin
Von Arthur Schnitzler
3 x 2 Freikarten
Internist Bernhardi, Direktor einer renommierten Privatklinik,
verweigert einem Pfarrer den Zugang zum Zimmer einer Patientin, der
dieser die Sterbesakramente spenden möchte. Im Endstadium einer
tödlichen Blutvergiftung, Folge einer unsachgemäßen Abtreibung,
deliriert die junge Frau, sie sei völlig geheilt. Bernhardi hält es für
seine ärztlich-humanistische Pflicht, ihr ein »glückliches Sterben« zu
ermöglichen und sie nicht aus dieser Illusion zu reißen. Der Pfarrer
wiederum besteht auf seinem religiösen Auftrag als Seelsorger. Beide
scheitern: Während sie diskutieren, verstirbt die Kranke – zuvor noch
alarmiert durch das Pflegepersonal, das gegen den Willen des Arztes den
Besuch des Pfarrers ankündigte.
Für den jüdischstämmigen Bernhardi weitet sich der unglückliche
Zwischenfall rasch zu einem politischen Skandal aus, der seine Existenz
und die der Klinik zu ruinieren droht. Ihm wird ein gezielter Übergriff
auf religiöse Gefühle von Christen unterstellt. Bald bricht ein latent
grassierender Antisemitismus überall offen zutage. Der Stiftungsrat des
Instituts tritt aus Protest gegen Bernhardi zurück. Konkurrenten in der
Ärzteschaft nutzen gezielt antijüdische Ressentiments, um Bernhardi zu
suspendieren und so sich und ihre Freunde in die Leitungspositionen zu
bringen. Im Parlament erreichen rechte Populisten gar die Eröffnung
eines Strafverfahrens gegen Bernhardi. Schließlich versagt selbst der
zuständige Minister, Bernhardis Studienfreund Flint, ihm die
Unterstützung, um für diesen Einzelfall nicht sein politisches Programm
in Gefahr zu bringen. Dafür erfährt Bernhardi plötzlich die Solidarität
linker Kreise, die ihn zum Märtyrer machen wollen. Doch er möchte sich
nicht für ihre politischen Ziele instrumentalisieren lassen – und
verzichtet bewusst auf einen öffentlichen Kampf gegen die Lügen und für
seine Rehabilitierung.
»Professor Bernhardi« ist einer der wenigen dramatischen Texte, die
minutiös einen beruflichen Kontext jenseits der emotionalen und
familiären Hintergründe seiner Figuren entfalten. Die Arbeitswelt des
Krankenhauses wird zugleich zum modellhaften Ausschnitt einer von
Karrierismus, Konkurrenz und Ressentiment dominierten Gesellschaft,
deren unterschwellige Triebkraft der Antisemitismus ist. In seiner
Inszenierung von Schnitzlers Komödie – als die der Autor sein Stück
doppelbödig bezeichnete – geht Thomas Ostermeier dabei besonders der
Frage nach, wie ein isolierter Vorfall von einer Gruppe systematisch für
die eigenen Machtbestrebungen und Partikularinteressen
instrumentalisiert werden kann; wie scheinbar unbestreitbare Fakten
diskursiv so weit verbogen und relativiert werden, bis das »objektiv
Richtige« zusehends seine bestimmbaren Konturen verliert. Was bleibt von
der Wahrheit übrig, wenn sie zwischen divergierenden Deutungen immer
weiter zerrieben wird?
Fassung von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer
Mit französischen Übertiteln
Dauer:
ca. 165 Minuten
Tickets:
ab 7,00 €
Weitere Informationen unter:
www.schaubuehne.de/
Foto: Professor Bernhardi © Arno Declair, 2016
Tickets
Veranstaltet durch
Schaubühne am Lehniner Platz
twotickets.de bedankt sich für die Zusammenarbeit. Pressetext und -foto mit Genehmigung von Schaubühne am Lehniner Platz. © liegen bei den Urhebern.
Für diese Veranstaltungen gibt es
Ein interessantes und auch nach bald hundert Jahren noch sehr aktuelles Stück, hervorragend gespielt. Ein Theaterabend, der anregt und beschäftigt, auch wenn über 2,5 Stunden ohne Pause dem Sitzfleisch schon einiges abverlangen.
Ursina Landi lässt uns teilhaben am Leid der jungen Schweizer Grundschullehrerin, welches sie 1996 im Kongo erlebt. Dieses Stück ist verstörend und erschüttert unser Gewissen. Schade das die junge Schauspielerin Consolante Siperius nur 2 mal im Stück zu Wort kommt. Schauspielerisch ganz große Leistung.
Zum ersten Mal war ich gestern in der Schaubühne. Das Stück war sehr mystisch gemacht. Gelungen die Art der Inszenierung. War für mich auch etwas, was ich so noch nie gesehen habe. War sehr beeindruckt. Komme mit Sicherheit wieder. Danke auch wieder für die tollen Plätze.