Fatih Çevikkollu ist kein Multi-Kulti-Comedian, auch wenn er anfangs diesen Eindruck erweckt, sondern knallharter Old-School-Kabarettist, der aufklären und im besten Sinne belehren will. Damit hat er meine Sympathien, denn auch wenn er nicht unbedingt mein Unterhaltungsbedürfnis befriedigt, finde ich Stimmen wie ihn nach wie vor wichtig. Sein Thema ist der Perspektivwechsel, und mehr als einmal konfrontiert er die „Deutsch-Deutschen“ (im Unterschied zu Deutsch-Türken, Deutsch-Polen, etc.) mit ihrem Alltagsrassismus, ihren Vorurteilen und der unangenehmen Eigenschaft, immer schnell den Finger auf andere zu richten (Erdogan), ohne dabei zu sehen, was im eigenen Land schiefläuft (Waffenlieferungen an Erdogan unter der Federführung von Franz-Josef Jung und Dirk Niebel). Mich hat der Ansatz, das Publikum mit den eigenen Defiziten zu konfrontieren, an Hagen Rether erinnert, wobei Fatih Çevikkollu noch einen Schritt weitergeht und sein Publikum in die Show miteinbezieht. Das klappte an diesem Abend leider nicht immer so richtig (Mannheim ist eben nicht Köln…), aber genau diese Unberechenbarkeit macht das Konzept ja auch reizvoll. An Kasse und Einlass hat übrigens alles super geklappt. Einen tollen Platz hatte ich auch, und mit Lüftungsanlage und Abstand zum Nachbarn habe ich mich auch so sicher gefühlt, wie das gerade eben möglich ist. Danke dafür, liebes Capitol!